Kitsch, Kunst und Kommerz

 

 

“Ist das Kunst oder kann das weg?“

 

Diesen Satz haben wir wohl alle schon einmal gehört oder gelesen. Nur etwas flapsig formuliert, oder ist da mehr dran?

 

 

 

Ich denke, die Grenzen zwischen Kitsch, Kunst und Kommerz sind schwammig, weich und verwischt. Die Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Und im Wandel der Zeit.

 

 

Jeder kennt die üppigen Rundungen der Frauen auf Bilder von Peter Paul Rubens. Die wenigsten werden ein Original Rubens bezahlen können. Trotzdem sind diese Bilder aus heutiger Sicht nicht mehr „in“. Ebenso wenig wie die religiösen Bilder, die unsere Großeltern und Urgroßeltern noch über ihren Betten hängen hatten. Wenn ein Maler heute diese Motive malte, würden wahrscheinlich die meisten von uns über diesen „Kitsch“ nur lächeln. Zur Zeit der alten Meister war es aber Kunst.

 

 

 

Ein röhrender Hirsch auf einer herbstlichen Waldlichtung, eine liebliche Landschaft mit kleinem Bächlein, dass sich durch eine sommerliche Blumenwiese windet. Für den einen ist das Kunst, für den anderen Kitsch. Und das, obwohl der Hirsch bis in die Geweihspitzen detailgenau porträtiert wurde, was nebenbei bemerkt eine große Kunst ist.

 

 

 

Eine weiße Leinwand, auf der sich ein roter Klecks und ein paar schwarze Sprenkel tummeln ist für die einen Kunst, für die anderen sinnfreies Geklecker.

 

 

 

Ich gebe zu, auch mich beschleichen bisweilen gewisse Zweifel an meinem Kunstverständnis beim Anblick eines solchen Gemäldes und ich denke: Eigentlich schade für die schöne Leinwand, da hätte mehr daraus werden können.

 

 

 

Nun – wenn man jedoch den richtigen Förderer hat, der in die Welt hinaus posaunt: „Leute, schaut euch das an. Das ist das großartiges Werk meines Freundes XYZ , das er mit seiner überragenden Kreativität in Stunden schöpferischer Eingebung geschaffen hat.“ Viele Köpfe werden wohlwollend nicken um nicht als Kunstbanause zu gelten. Man ist bereit, horrende Summen dafür hinzublättern um „in“ zu sein und auf der Welle „kann ich mir leisten“ mitzuschwimmen. Ist das nun Kunst oder Kommerz?

 

 

 

Ich mag durchaus auch moderne Malerei. Wirklich. Aber ist es nicht auch wichtig, was Bilder in mir auslösen? Ein irgendwo im großen Weiß verloren wirkender roter Punkt mit schwarzen Spritzern langweilt mich. Wenn sich jedoch harmonische Farben von leichter Hand geführt im dynamischen Spiel schwungvoll vereinen, vermischen sich Realität und Fantasie und regen mich zum träumen an. Das muss aber nicht tausend Euro und mehr kosten.

 

 

 

Es gibt eine Menge begabter Künstler und Freizeitmaler, deren Bilder die eigenen vier Wände niemals verlassen, weil ihnen keiner die Chance gibt, ihre Werke durch einen Mäzen der Welt vorzustellen.

 

 

 

Dennoch finden sich wunderbare Zeichnungen und Gemälde von unbekannten Malern in heimischen Wohnzimmern. Sie sind mit Freude am Tun, mit Liebe zum Malen entstanden und erfrischen ehrlich.

 

 

 

Ohne Kommerz. Ohne Kitsch. Und trotzdem Kunst.